Zwischen Baumkronen schlendern und einen Wald mit ganz anderen Augen sehen: Dieses faszinierende Naturerlebnis schaffen Baumwipfelpfade. In Irland, rund 60 Kilometer südlich von Dublin, entsteht im Avondale Forest Park solch ein besonderer Pfad mit einer Länge von 617 Metern, einem Aussichtsturm in Form eines Guinnessglases von 39 Metern Höhe, Abenteuerstationen, Landschaftspark und vielem mehr. Die Eröffnung ist für das Frühjahr 2022 geplant. In das Freiluftmuseum für Bäume und Pflanzen werden 6,5 Millionen Euro investiert, woran auch der Murphy&Spitz Umweltfonds Deutschland beteiligt ist. Das Projekt setzt die Bad Kötztinger Erlebnis Akademie AG (eak) in Zusammenarbeit mit Coillte, dem staatlichen  Forstunternehmen Irlands und Fáilte Ireland, der Nationalen Tourismusentwicklungsbehörde, um. Mehr Details berichtet Christoph Blaß, Finanzvorstand der eak.

Murphy&Spitz: Nach welchen nachhaltigen Kriterien wählen Sie die Regionen aus, in denen Baumwipfelpfade entstehen und wieso diesmal Irland?

Christoph Blaß: Die Standorte der Erlebnis Akademie sind bisher alle an Schnittstellen zwischen Natur- und Kulturlandschaften. Damit sehen wir uns in der Tradition von Biosphärenreservaten einem ökologischen Tourismus verbunden. Wir wollen das Umweltbewusstsein unserer Besucher positiv beeinflussen und bieten Bildungsinhalte an, die wir zusammen mit Partnern wie zum Beispiel Nationalparken oder der Bundesstiftung Umwelt gestalten. In Irland wird beispielsweise der Irische Staatsforst einer unserer Partner sein.
Optimale Standorte, mit einem nachhaltigen Entwicklungspotenzial sind solche, die einem Mix aus einer Reihe von Kriterien genügen müssen, wie z. B.

  • Attraktivität der umgebenden Natur,
  • gute infrastrukturelle Erschließung oder Erschließbarkeit,
  • touristische Ausrichtung der Destination,
  • vorhandenes touristisches Grundrauschen,
  • touristisches Entwicklungspotenzial,
  • Schutzstatus der Zieldestination,
  • mögliche Partner, passende klimatische Verhältnisse, Konkurrenzsituation etc.

Die Gewichtung der einzelnen Faktoren kann an potenziellen Standorten durchaus unterschiedlich sein. Mit dem Standort Avondale, südlich von Dublin, haben wir ein super Einzugsgebiet mit hohem bestehendem touristischen Grundrauschen, guter vorhandener Infrastruktur, einer tollen Natur- und Kulturlandschaft und vor allem ein Konzept für die mehrjährige Entwicklung mit lokalen Partnern vor Ort zu einer Mehrtagesdestination. Zudem sind wir die ersten in Irland.

 

Murphy&Spitz: Was begeistert sie am meisten an dem gesamten Projekt und welchen Impact hat ein Investor mit seinem Investment?

Christoph Blaß: Aus Sicht der eak ist neben den schon genannten positiven Merkmalen, die der Standort in Irland aufweist, vor allem die Situation attraktiv, dass der Standort zusammen mit dem Irischen Staatsforst und anderen Akteuren von Anfang an zu einem Tagesausflugsziel gemacht wird. Neben dem Baumwipfelpfad nebst eak-Merchandiseshop entsteht ein lebendes Museum, eine Ausstellung zur Geschichte der Irischen Forstwirtschaft, ein Restaurant, ein Landschaftsgarten und -park. Die eak Ireland plant in 2023/24 zusätzlich noch die Erweiterung um einen Abenteuerwald.
Der Impact für einen Investor, den wir aus dem Projekt in Irland erwarten, sind langfristig überdurchschnittliche Erträge. Dies ist neben dem oben aufgeführten Impact, den wir aus einem von Anfang an vorliegenden Tagesausflugsziel ableiten, auch der attraktiven steuerlichen Situation in Irland geschuldet.

 

Murphy&Spitz: Welche nachhaltigen Effekte haben die Pfade neben dem Naturerlebnis?

Christoph Blaß: Hier ist vor allem der eingangs erwähnte Bildungsaspekt zu nennen. Wir schreiben uns auf die Fahnen, dass wir einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung unserer Biosphäre leisten wollen. Dies tun wir wiederum in der Tradition der UNESCO-Biosphärenreservate. Einige unserer Projekte im Naturerbezentrum Rügen sind ausgezeichnete Projekte der UN-Dekade Biologische Vielfalt (2011-2020) unter dem Motto „Menschen für die Natur begeistern und für den Erhalt der biologischen Vielfalt“. Diese stehen Pate für Projekte an anderen Standorten.
Ich denke, wir bieten darüber hinaus viel Freude und Spaß einfach nur durch das Begehen des Pfades, des Turms oder beim Spielen in unseren Abenteuerwäldern. Wir wollen ja niemand nötigen, unsere Bildungsangebote wahrzunehmen. Alle können, niemand muss sich für unsere Mission begeistern.

Christoph Blaß, Finanzvorstand eak

Murphy&Spitz: Gibt es bestimmte Auflagen, die zum Beispiel von Umweltorganisationen oder Verwaltungen einzuhalten sind, damit Natur und Tiere nicht gestört werden oder Schaden nehmen?

Christoph Blaß: Auflagen von Umweltorganisationen gibt es keine, aber natürlich gibt es behördliche Auflagen die berücksichtigt werden müssen – z. T. vor Bau und z.T. auch für den Betrieb. Das ist aber sehr unterschiedlich je nach Standort. Je nach Schutzstatus eines Gebietes bestehen bestimmte Pflichten, die vor der Entscheidung, ob wir bauen dürfen, geprüft werden müssen. So ist z. B. an manchen Standorten eine Artenkartierung vorzunehmen, die eine Bestandsaufnahme im Rahmen von Arten- und Biotopschutzprogrammen darstellen. Je nach Ergebnis können Umsiedelungsmaßnahmen oder Ausgleichsmaßnahmen angeordnet werden oder im worst case auch der Bau verboten werden. Das lässt sich aber in der Regel grundsätzlich bereits im Vorfeld einschätzen.
Beim Betrieb können je nach Schutzstatus Verbote für Führungen oder Veranstaltungen zu bestimmten Jahres- oder Uhrzeiten auf den Pfaden angeordnet werden. Am Standort in Irland gibt es keine nennenswerte Einschränkungen oder gar Verbote, vor allem weil die touristische Infrastruktur und die touristische Nutzung schon vorhanden sind.

 

Murphy&Spitz: Wird der Wald gekauft, auf dem ein neuer Baumwipfelpfad entsteht und so beispielsweise dauerhaft Rodung verhindert?

Christoph Blaß: Grund und Boden inklusive des Waldes konnte bisher nur im Elsaß erworben werden, ansonsten bestehen überall langjährige Pachtverträge, die auch die Nutzung des umgebenden Waldes regeln.

 

Murphy&Spitz: Wie bewerten Sie die Entwicklung des öffentlichen Interesses an Ihren Projekten und können Sie einen Ausblick für die nahe Zukunft geben?

Christoph Blaß: Wir konnten über die letzten Jahre stabil hohe Besucherzahlen an den meisten Standorten vermelden (2019 insgesamt > 2,2 Mio). Dies gilt vor allem für Standorte, die wir nach einer gewissen Zeit um attraktivitätssteigernde Anlagen erweitern (wie z. B. Abenteuerwälder, Rutschen etc.).
Das öffentliche Interesse seitens der Bevölkerung und von Presse, Funk und Fernsehen ist an neuen Standorten sehr hoch, selbst in Deutschland – dem Land mit den meisten Baumwipfelpfaden weltweit (>20) – sind Baumwipfelpfade immer noch hochattraktive Themen. Jetzt am Beispiel des Standorts in Irland nehmen wir allerdings ein noch größeres Interesse seitens Presse, Funk und Fernsehen wahr. Das mag daran liegen, dass wir hier den ersten Baumwipfelpfad errichten, aber vermutlich auch daran, dass hier so viele Beteiligte an einem Strang ziehen, um eine bekannte Destination, den Avondale Forest Park, stark auszubauen und zu erneuern. Dabei wird das öffentliche Interesse durch das Involvement des Irischen Forsts (Coillte) und der National Tourism Development Authority (Faillte) zusätzlich angefeuert.
Sowohl in Deutschland wie auch in allen anderen Ländern – vor allem in denen es noch keine Baumwipfelpfade gibt – sehen wir weiterhin eine große Nachfrage durch Besucher. Dies ist vermutlich auch getragen durch die immer größere Aufmerksamkeit für Naturschutzthemen und eventuell auch durch die Corona-bedingt vermutlich zumindest temporär größere Neigung zum Urlaub zu Hause oder im Nachbarland.
Unsere positive Nachfrageprognose stützt sich auch auf stabil hohe Werte der geäußerten Wiederkommabsicht. Für 2019 gaben von mehr als 2.700 an unseren Standorten in Deutschland und Österreich befragten Gästen 87% an, dass sie den besuchten Pfad wieder besuchen wollen und 85% gaben an, dass sie einen anderen Baumwipfelpfad besuchen wollen. Auch wenn dies keine belastbaren Zusagen sind, deuten sie doch darauf hin, dass den Menschen die Besuche der Baumwipfelpfade so gut gefallen haben, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder kommen wollen. Aktuelle Daten zur Zufriedenheit und zur Wiederkommabsicht werden im Lagebericht des Jahresabschlusses für 2020 veröffentlicht.
Eine weitere These ist, dass sich in Ländern, in denen wir den ersten Baumwipfelpfad bauen und betreiben, starke Aktivitäten von Presse, Funk und Fernsehen etablieren oder leicht generieren lassen. Sowohl Irland, aber auch der Baumwipfelpfad im Elsaß sind Beispiele dafür, wie viel Aufmerksamkeit unsere Baumwipfelpfade in der Vorbereitungs- und Umsetzungsphase auslösen. Wir gehen also davon aus, dass das öffentliche Interesse in der nahen Zukunft hoch blieben wird.

Bewegende Einblicke in die Erlebnis Akademie AG

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